Foto: Flickr.com| Nico Trinkhaus

50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Die Bundesrepublik gilt dabei als begehrtes Ziel. Doch wie auch unsere Geschichten, sind die Erlebnisse der flüchtenden Menschen unterschiedlich. Zwei davon spielen in Berlin.     

    

Berlin Kreuzberg. Cheikh Ndao hält mit seinem Fahrrad vor dem Büro eines Flüchtlingsvereines. Der junge Senegalese trägt T-Shirt und einen zerzausten Vierwochenbart. Später wird er mich mit einer Aussage über Deutsche und die Berliner U-Bahn überraschen. Cheikh lebt noch nicht lange in Deutschland. Seit zwei Jahren versucht er in Berlin Fuß zu fassen. Sein Weg führte ihn als Flüchtling über Italien hierher. Sein Vater lebt in Berlin und nun „will ich mir etwas aufbauen!“

 

Die 27-jährige Elisabeth Kaneza kommt im Business-Look aus dem Büro einer CDU-Bundestagsabgeordneten. Sie steigt in die U-Bahn in ihrer Mittagspause. „Die Menschen in Berlin verbinden mich als Schwarze im Anzug nicht mit Deutschland“. Viele Menschen sprechen die zielstrebige Frau in Englisch an. „Schwarz und Deutsch – das passt nicht.“

Cheikh hatte zum Start in sein „Neuland Berlin“ andere Probleme. Der sportliche Flüchtling konnte nur Italienisch und Französisch. Dadurch distanzierte er sich und beobachtete erst mal. Nach einigen Deutschstunden änderte sich das.

 

„Meine ersten Schritte in Berlin waren die einer Deutschen.“ Elisabeth kam nach dem Studium der Politikwissenschaften vor 5 Jahren nach Berlin. Dennoch fehlte ihr das multikulturelle Leben. „Wer einen Cocktail will, muss in bestimmte Bezirke.“

Heute ist sie ein Teil von Berlin. Selbst während der U-Bahnfahrt spricht sie mit starker Stimme. Ihre Kindheit begann in Rwanda, von wo sie aufgrund des Völkermordes vor 20 Jahren flüchten musste. Zu Fuß gelangte sie über den Kongo bis nach Kenia. Von hier glückte der gesamten Familie die Ausreise nach Deutschland. „Ich mag die Freiheit und die Rechtssicherheit in Deutschland.“

Cheikh dagegen sucht erst einmal Arbeit. Nur dann hat er die Chance für immer in Deutschland zu bleiben. Heute besucht er einen Vortrag, wie er weiter auf dem Arbeitsmarkt vorgehen soll. Erst vor zwei Monaten wurde ein Antrag auf Arbeit abgelehnt, da die Arbeit nicht den Anforderungen entsprach.

 

Mit viel harter Arbeit hat Elisabeth es weit geschafft. „Jetzt versuche ich das auch zurückzugeben.“ Mithilfe der nach ihr benannten Kaneza-Initiative möchte sie Migranten in Deutschland unterstützen und der Gesellschaft zeigen, dass es oft nicht Flüchtlinge sind, die Integration schwierig machen, sondern „die Deutschen selber“. Elisabeth möchte etwas tun, etwas verändern.

Viele Berliner setzten sich für Flüchtlinge ein. Cheikh lernt beim Vortrag schnell, er saugt alle Informationen förmlich auf. Am Ende ist er sich sicher: „Ich will was mit den Händen machen“. Wir gehen in den Nebenraum, wo Cheikh mir stolz seine Nähmaschine zeigt. Für Freunde näht er schon Taschen und Rucksäcke. „Am Anfang habe ich die Sachen auch auf der Straße verkauft“, gibt er zu, „aber das gab Ärger mit der Polizei.“

 

Elisabeth Kaneza steigt aus der Bahn aus und verschwindet zum Mittagessen. Cheikh Ndao setzt sich an die Nähmaschine und dann fällt der überraschende Satz: „Ich mag Berlin, weil die Leute hier Freitagsabends in der U-Bahn oder auf den Straßen zusammen sitzen und Spaß haben. Das ist Freiheit.“

 

 

Der Name von Cheikh Ndao wurde geändert, um ihn zu schützen.